Pflichtstundenzahl einer Lehrkraft
Leitsätze
Die Heraufsetzung der Pflichtstundenzahl für an Gesamtschulen tätige Lehrkräfte von 23,5 auf 24,5 Unterrichtsstunden wöchentlich durch Verordnung des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 22. Mai 1997 ist rechtswirksam.
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 30. April 1999 - 5 Sa 1052/98 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Zahl der von der Klägerin zu erteilenden Pflichtstunden.
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Die Klägerin trat zum 8. August 1994 als Lehrerin für die Sekundarstufe I in die Dienste des Beklagten. Eingesetzt wird sie an der Gesamtschule P. Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Arbeitsvertrag vom 1. August 1994 zugrunde. Danach finden auf das Arbeitsverhältnis der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und dessen Sonderregelung 2 l I BAT Anwendung. Unter der Rubrik "Pflichtstundenzahl" weist der Arbeitsvertrag 23,5 Wochenstunden aus. Angekreuzt ist darüber hinaus, daß die Klägerin vollbeschäftigt ist.
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§ 5 des Gesetzes über die Finanzierung der öffentlichen Schulen (Schulfinanzgesetz) des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. April 1970 (GVBl. NW S 28
ermächtigt den Minister für Schule und Weiterbildung, die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden der Lehrer, die Klassenbildungswerte, die Relation "Schüler je Stelle" sowie die Zahl der Lehrerstellen, die den Schulen aus besonderen Gründen zusätzlich zugewiesen werden können, nach den pädagogischen und verwaltungsmäßigen Bedürfnissen der einzelnen Schulformen, Schulstufen oder Klassen festzusetzen. Mit Verordnung zur Ausführung des § 5 Schulfinanzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Mai 1997 (GVBl. NW S 8
setzte das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen die wöchentliche Pflichtstundenzahl der Lehrerinnen und Lehrer an Gesamtschulen von 23,5 auf 24,5 herauf.
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Die Klägerin widersprach zu Beginn des Schuljahres 1997/98 der Heraufsetzung der Pflichtstundenzahl. Mit ihrer im Februar 1998 erhobenen Klage macht sie geltend, nicht zur Leistung von wöchentlich 24,5 Pflichtstunden verpflichtet zu sein. Darüber hinaus begehrt sie Vergütung für die tatsächlich zusätzlich geleisteten Stunden. Sie hat die Auffassung vertreten, die im Arbeitsvertrag festgeschriebene Pflichtstundenzahl könne allenfalls durch Änderungskündigung einseitig geändert werden. Die Anwendung beamtenrechtlicher Vorschriften verstoße gegen § 4 Abs. 3 TVG. Die Verordnung vom 22. Mai 1997 sei rechtswidrig, weil durch die Erhöhung der Pflichtstundenzahl die regelmäßige Arbeitszeit der Beamten von 38,5 Stunden wöchentlich überschritten werde.
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Die Klägerin hat beantragt
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1. festzustellen, daß sie nicht verpflichtet sei, auf Grund der einseitig durch die Beklagte angeordneten Erhöhung der Pflichtstundenzahl ab dem Schuljahr 1997/98 wöchentlich 24,5 Pflichtstunden zu leisten;
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2. die Beklagte zu verurteilen, an sie rückständige Vergütung für die Zeit vom 1. August 1997 bis 30. Januar 1998 in Höhe von insgesamt 1.264,20 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat geltend gemacht, die zu leistende Pflichtstundenzahl ergebe sich kraft der Verweisung in SR 2 l BAT aus den beamtenrechtlichen Vorschriften. Die Erhöhung der Pflichtstundenzahl bedeute lediglich eine Verlagerung des Arbeitsschwerpunktes um eine Schulstunde aus dem häuslichen in den schulischen Bereich. Ein Ausgleich sei dadurch geschaffen worden, daß im Zusammenhang mit der Einführung der Pflichtstundenerhöhung die Anzahl der schriftlichen Arbeiten reduziert worden sei.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.
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I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Der Arbeitsvertrag enthalte keine konstitutive Regelung der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung, sondern weise deklaratorisch auf die Rechtslage hin. Dies ergebe die Auslegung des Arbeitsvertrags. Bereits nach dem Wortlaut des Arbeitsvertrags sei die Klägerin als Lehrerin für die Sekundarstufe I "vollbeschäftigt". Was darunter zu verstehen sei, ergebe sich aus dem an die Klägerin gerichteten Schreiben des Beklagten vom 28. Juli 1994. Dort sei ausdrücklich ausgeführt, daß als Beschäftigungsumfang die "volle Pflichtstundenzahl" vorgesehen sei. Einen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung habe die Klägerin mit ihrem Antwortschreiben vom 1. August 1994 nicht gestellt, sondern das Einstellungsangebot des Beklagten entsprechend "den Bedingungen des Bezugsschreibens ohne Vorbehalt" angenommen. Sowohl das Bezugsschreiben vom 28. Juli 1994 als auch das Antwortschreiben vom 1. August 1994 enthielten den Hinweis auf die Geltung des Bundes-Angestelltentarifvertrags. Demgemäß sei im Arbeitsvertrag die ausdrückliche Abrede getroffen worden, daß auf das Dienstverhältnis der Bundes-Angestelltentarifvertrag und dessen Sonderregelung nach Anlage 2 l I BAT Anwendung fänden. Die Angabe der Pflichtstundenzahl im Arbeitsvertrag diene demgegenüber nur der Klarstellung der im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags nach der Rechtslage maßgeblichen Pflichtstundenzahl. Die im Arbeitsvertrag zur Arbeitszeit getroffene Vereinbarung werde dadurch nicht mehrdeutig. Was unter Vollbeschäftigung zu verstehen sei, ergebe sich wiederum aus den in Bezug genommenen tarifvertraglichen Vorschriften, die ihrerseits auf die für Beamte maßgeblichen Regelungen verwiesen.
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Die durch die Verordnung in Ausführung von § 5 Abs. 1 des Schulfinanzgesetzes geregelte Heraufsetzung der Pflichtstundenzahl sei wirksam. Weil durch die Verminderung des Korrekturaufwandes die Pflichtstundenerhöhung jedenfalls teilweise kompensiert worden sei, könne nicht ohne weiteres angenommen werden, daß sich die wöchentliche Gesamtarbeitszeit der Klägerin in unzulässiger Weise erhöht habe. Die Erhöhung der Pflichtstundenzahl erscheine maßvoll, sie führe angesichts der Kompensation nicht zwangsläufig zu einer Gesamtarbeitszeit, die über die allgemeine Arbeitszeit für Beamte hinausgehe.
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II. Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsstreit zutreffend entschieden.
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1. Gegen die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung des Arbeitsvertrags hat die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung keine Rügen erhoben. Revisionsrechtlich bestehen gegen das Ergebnis und die Begründung des Berufungsgerichts keine Bedenken. Demzufolge ist für die Entscheidung über die Revision der Klägerin davon auszugehen, daß arbeitsvertraglich vereinbart ist, die Klägerin habe jeweils die für im Beamtenverhältnis stehenden Lehrkräfte an Gesamtschulen maßgebliche Pflichtstundenzahl zu erfüllen.
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2. Das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Beklagten hat mit Erlaß der Verordnung vom 22. Mai 1997 wirksam die Pflichtstundenzahl für an Gesamtschulen tätige Lehrkräfte von 23,5 auf 24,5 Pflichtstunden heraufgesetzt. Die dagegen vorgebrachten Rügen der Klägerin greifen nicht durch. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der Verordnung wegen Unbestimmtheit ihrer Ermächtigungsgrundlage.
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a) Wenn der Landesverordnungsgeber ausgehend von einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden die Pflichtstundenzahl für an Gesamtschulen tätige Lehrkräfte auf 24,5 Unterrichtsstunden wöchentlich festsetzt, überschreitet er nicht die Grenzen der ihm als Normgeber zukommenden Einschätzungsprärogative. Wie das Bundesverwaltungsgericht zu Recht ausgesprochen hat (14. Dezember 1989 - 2 NB 2/89 - RiA 1990, 194) kann der Anteil der von einer Lehrkraft außerhalb der Pflichtunterrichtsstunden zu leistenden Arbeiten lediglich grob pauschalierend geschätzt werden. Dabei ist das Ministerium nicht an frühere Schätzungen in der Weise gebunden, daß jede weitere Veränderung ausschließlich im mathematisch exakten Verhältnis zu früheren Änderungen vorgenommen werden dürfte. Die vereinbarte Unterrichtsstundenzahl beschreibt bei Lehrern an allgemeinbildenden Schulden den zeitlichen Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung nur zum Teil (BAG 20. November 1996 - 5 AZR 414/95 - BAGE 84, 335). Außerhalb der Unterrichtserteilung geschuldete, jedoch zum Berufsbild des Lehrers gehörende Arbeitsleistungen entziehen sich einer exakten zeitlichen Bemessung. Eine feste Relation zur Zahl der Unterrichtsstunden ist insoweit nicht möglich. Die zeitliche Inanspruchnahme des Lehrers für solche Arbeitsleistungen darf aber nicht unverhältnismäßig sein.
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b) Wird mit dem Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Beklagte aus Anlaß der Änderung der Pflichtstundenzahl den Umfang außerhalb der Unterrichtszeit zu erbringender Leistungen zur Kompensation vermindert hat, besteht kein Grund, die Rechtswirksamkeit der Verordnung in Zweifel zu ziehen. Entsprechende Ansätze liefert weder das von der Klägerin in Ablichtung vorgelegte Gutachten der Professoren Bender und Umbach, noch der Vortrag der Klägerin. Sie hat nicht aufgezeigt, daß seit der Arbeitszeitänderung des Jahres 1997 Lehrkräfte an Gesamtschulen mehr als 38,5 Stunden wöchentlich arbeiten. Konkrete, ggf. durch Beweisaufnahme feststellbare Tatsachen hat sie hierzu nicht vorgetragen. Ihre Verweisung auf statistische Erhebungen zu anderen schulischen Verhältnissen außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung vom 22. Mai 1997 ist ungeeignet, Zweifel an einer wirksamen Beurteilung der Sachlage durch den Verordnungsgeber zu wecken. Im übrigen dürften die individuellen Arbeitsleistungen erheblich differieren, weil persönliche Interessen und Fähigkeiten das Maß des zeitlichen Engagements bestimmen. Dementsprechend hat der Senat im Urteil vom 17. Mai 2000 (- 5 AZR 783/98 - EzA BGB § 611 Teilzeitarbeit Nr. 11) keine Veranlassung gesehen, die Wirksamkeit der Verordnung vom 22. Mai 1997, die auch in dem dortigen Verfahren für das Maß der Arbeitsleistung bestimmend war, zu erörtern oder gar in Frage zu stellen.
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c) Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Soweit ein Vergleich mit beamteten Lehrkräften zu ziehen ist, wird die Klägerin gerade durch die auf 24,5 Stunden heraufgesetzte Pflichtstundenzahl gleich behandelt. Soweit es um den Vergleich mit anderen, nicht als Lehrern beschäftigten Beamten und Angestellten geht, fehlt es an der notwendigen Vergleichbarkeit, weil diese Bediensteten in der Regel nicht berechtigt sind, einen Teil ihrer Arbeitspflicht außerhalb der Dienststelle und zu selbstbestimmten Tageszeiten zu verrichten.
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d) Die Rüge der Klägerin, § 4 Abs. 3 TVG werde durch die einseitige Festlegung der Pflichtstundenzahl mittels Verordnung verletzt, greift nicht durch. Die Verordnung regelt unmittelbar allein die Pflichtstundenzahl der beamteten Lehrkräfte. Daß die Klägerin eine entsprechende Zahl von Pflichtstunden zu leisten hat, ergibt sich demgegenüber aus der arbeitsvertraglichen Absprache, wie sie vom Berufungsgericht mittels Auslegung zutreffend ermittelt worden ist. Diese arbeitsvertragliche Abrede weicht von keiner Tarifbestimmung ab.
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Müller-Glöge Kreft Bepler
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Buschmann Müller