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Umlegungsverfahren - Bauplanungsverfahren



Leitsätze

- Nur eingeschränkte Überprüfbarkeit eines Umlegungsbeschlusses
- Gemeindliches Planungsermessen
- Voraussetzung für Zulässigkeit: Mildere Mittel versprechen keinen Erfolg oder sind nicht zumutbar (Verhältnismäßigkeits-Grundsatz)
- Gleichzeitigkeit des Umlegungs- und Bauplanungsverfahrens unschädlich

Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg
vom 6.7.2001, Az. 44 U 3207/00

E n d u r t e i l

Die Berufung der Antragstellerin gegen das Endurteil des Landgerichts A - Kammer für Baulandsachen - vom 25. Juli 2000 wird zurückgewiesen.


Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000 DM abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


Die Beschwer der Antragstellerin beträgt 39.200 DM.


Tatbestand

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten, 700 m² großen Grundstücks Fl.Nr. .... der Gemarkung W. Das Grundstück liegt in dem festgesetzten Wochenendhausgebiet XY, etwa am Rand des Umgriffs des Bebauungsplangebiets, südlich des G Grabens.

Die Stadt N beschloss am 4. Mai 1998, für diesen Bereich den Bebauungsplan Nr. ... Wohngebiet XY aufzustellen. Diesem Bebauungsplan liegt die Planungsabsicht der Stadt N zu Grunde, das bisherige Wochenendhausgebiet in ein allgemeines Wohngebiet umzuwandeln, die straßenmäßige Erschließung zu verbessern und den G-Graben, der das Bebauungsplanungsgebiet etwa von Nordwest nach Südost durchzieht, als öffentliche Grünfläche festzusetzen.

Mit Beschluss vom 15. September 1998 ordnete der Bauausschuss der Stadt N die Umlegung gemäß § 46 Abs. 1 BauGB an. Aus dem zu Grunde liegenden Plan ergibt sich, dass die Grenze des Gebietes der Umlegungsanordnung im Wesentlichen den Bereich des Wochenendhausgebiets XY umfasst.

Der Umlegungsausschuss der Stadt N leitete schließlich mit dem Umlegungsbeschluss vom 10. März 1999 die Umlegung für das Umlegungsgebiet XY ein, das sich mit dem Geltungsbereich des Entwurfs des Bebauungsplanes Nr. ... deckt, und bezog unter anderem das im Eigentum der Antragstellerin stehende Grundstück in das Umlegungsverfahren mit ein. Hinsichtlich des genauen Umgriffes des Umlegungsgebietes wird auf die Bestandskarte und die im Amtsblatt der Stadt N vom 21. April 1999, in dem der Umlegungsbeschluss ortsüblich bekannt gemacht wurde, aufgeführten Flurstücke Bezug genommen.

Hiergegen legte die Antragstellerin am 7. Mai 1999 Widerspruch ein. Sie begründete ihren Rechtsbehelf im Wesentlichen damit, dass die Umlegung nicht notwendig sei, um die Ziele des Bebauungsplans, ein allgemeines Wohngebiet zu schaffen, zu realisieren, und dass aus der Umlegung die meisten Grundstücke ohne erkennbare Neuordnung und Nutzungsverbesserung für die Eigentümer hervorgehen würden. Mit Bescheid vom 12. Oktober 1999 wies der Umlegungsausschuss den Widerspruch zurück. Auch im anschließenden Verfahren vor dem Landgericht A - Kammer für Baulandsachen - blieb die Antragstellerin ohne Erfolg.

Mit ihrer Berufung richtet sich die Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts A - Kammer für Baulandsachen - vom 25. Juli 2000 und macht zur Begründung im Wesentlichen geltend:

Das Landgericht habe verkannt, dass bei der Umlegung wie auch bei der Enteignung die Verfassungsgrundsätze des geringst möglichen Eingriffs und der Verhältnismäßigkeit der Mittel beachtet werden müssten. Die Umlegung sei rechtswidrig, wenn die Neuordnung des Bodens im Umlegungsgebiet nicht erforderlich sei oder eine erforderliche Neuordnung auch mit einem die betroffenen Eigentümer weniger stark belastenden Eingriff ohne größere Schwierigkeiten möglich wäre.

Vorliegend sei die Neuordnung nicht erforderlich, die Anordnung der Umlegung damit ermessensfehlerhaft. Bereits in einem Schreiben aus dem Jahr 1997 habe die Stadt N den Abschluss städtebaulicher Verträge angeboten, um die Kosten für die örtliche Entwässerung und die sozialen Folgekosten abzudecken. Erst nachdem die Eigentümer im Bereich des XY dazu nicht bereit gewesen seien, sei die Umlegung zur Neuordnung des Bodens für erforderlich gehalten worden.

Die Umlegung sei aber nicht erforderlich, um die planungsrechtlichen Vorgaben des Bebauungsplans Nr. ..., der bisher lediglich in einem bereits mehrfach abgeänderten Rahmenplan existiere, zu verwirklichen. Nach den bauplanungsrechtlichen Vorstellungen der Stadt N sollten sämtliche zur Erschließung erforderlichen und bereits bestehenden Straßenflächen im XY ebenso in ihr Eigentum übergeführt werden wie der G-Graben. Dabei werde jedoch der Grundsatz des geringst möglichen Eingriffs und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht beachtet. Zur Verwirklichung der Planvorstellungen der Stadt N sei es jedenfalls nicht erforderlich, dass die entsprechenden Flächen in ihrem Eigentum stünden; dies entspreche der gängigen Praxis bei anderen von der Stadt N in den letzten Jahren aufgestellten Bebauungsplänen. Es gebe auch Aussagen des Stadtplanungsamtes, wonach auf die Festsetzung als öffentliche Erschließungsflächen überhaupt verzichtet werden könnte. Außerdem bestehe keine Notwendigkeit, den G-Graben als öffentliche Grünfläche auszuweisen. Für Erschließungszwecke würden lediglich noch geringfügige Arrondierungsflächen im nordöstlichen Bereich des XY benötigt. Insoweit sehe jedoch der von der Stadt N vorgelegte Planentwurf im Wesentlichen eine Trassenbreite von 6,50 m vor. Bereits im alten Bebauungsplan Nr. ... sei die Straßentrasse mit einer Breite von 6,50 m festgesetzt worden, ohne dass damals die Einleitung eines Umlegungsverfahrens für erforderlich gehalten worden wäre.

Ferner hätte vor Anordnung der Umlegung geprüft werden müssen, ob die betroffenen Grundstückseigentümer zur freiwilligen Abtretung der benötigten Erschließungsflächen bereit seien.

Die Umlegung habe zudem für den Großteil der betroffenen Grundstückseigentümer besonders schwerwiegende Konsequenzen: Nach der Umlegung blieben alle Grundstücke fast in gleicher Größe bestehen. Das führe dazu, dass die Grundstückseigentümer den Umlegungsvorteil nicht in Land ausgleichen könnten, sondern gezwungen seien, ganz erhebliche Ausgleichszahlungen zu leisten. Dazu sei jedoch ein Großteil der Eigentümer nicht in der Lage.

Die Antragstellerin beantragt,

den Umlegungsbeschluss vom 10. März 1999, den Widerspruchsbescheid des Umlegungsausschusses vom 12. Oktober 1999 und das Urteil des Landgerichts A vom 25. Juli 2000 aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.


Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend:

Die Antragstellerin wende sich im Ergebnis gegen die Aufstellung des Bebauungsplans und die damit verbundene, notwendige Umlegung.

Es sei richtig, dass die Stadt N den Eigentümern des XY den Abschluss städtebaulicher Verträge angeboten habe. Da aber eine Einigung mit den Eigentümern nicht habe erzielt werden können, sei die Umlegung eingeleitet worden. Die Umlegung sei erforderlich, weil viele Grundstückseigentümer nicht zur freiwilligen Abtretung der benötigen Flächen bereit seien. Aus dem vorgelegten Lageplan gehe hervor, dass es sich bei den zum Verkauf bereiten Grundstückseigentümern nur um einen Teil der Eigentümer handle. Insbesondere fehlten gerade diejenigen Grundstücke, von denen Teile für die Erschließungsstraßen benötigt würden. Im übrigen könne auch bei einem freiwilligen Erwerb von Teilen von Grundstücken der Bebauungsplan ohne Umlegung nicht verwirklicht werden, weil die für die Erschließungsanlagen erforderlichen Grundstücke nicht vollständig im Eigentum der Stadt N stünden. Bei einer Abtretung aller noch erforderlichen Flächen ohne Umlegungsverfahren würden einzelne Grundstückseigentümer gegenüber anderen benachteiligt. Auch in der Ausweisung als öffentliche Grünfläche sei kein Ermessensfehler erkennbar.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung und wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte mit den gewechselten Schriftsätzen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe



Die zulässige Berufung (§ 516 ZPO) hat keinen Erfolg.

Das Landgericht A - Kammer für Baulandsachen - hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Umlegungsbeschluss des Umlegungsausschusses vom 10. März 1999 und den Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 1999 zu Recht zurückgewiesen.

Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Endurteils vom 25. Juli 2000 Bezug.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen wird ergänzend noch Folgendes ausgeführt:


1) Die städtebauliche Umlegung dient dem Vollzug der Bauleitplanung. Die Umlegung ist von der Gemeinde in eigener Verantwortung anzuordnen und durchzuführen, wenn und sobald sie zur Verwirklichung eines Bebauungsplans erforderlich ist. Bei der dem Umlegungsbeschluss (§ 47 BauGB) vorausgehenden Anordnung der Umlegung (§ 46 Abs. 1 BauGB) haben die Gemeinden einen erheblichen Beurteilungsspielraum. Dabei haben sie allerdings zu beachten, dass die Umlegung als das die Beteiligten stärker beeinträchtigende Mittel (etwa die Möglichkeit der Abschöpfung des Umlegungsvorteils) nicht angeordnet werden darf, wenn andere, die Beteiligten weniger belastende Mittel ohne nennenswerte größere rechtliche oder wirtschaftliche Schwierigkeiten die erforderliche Neuordnung des Bodens im Umlegungsgebiet gewährleisten (BGH NJW 1981, 2124).

Die vom Bauausschuss der Stadt N unter dem 15. September 1998 getroffene Anordnung ist allerdings noch kein nach außen wirkender Verwaltungsakt, sondern ein innergemeindlicher Auftrag; denn sie enthält keine Regelungen von Einzelfällen, sondern bereitet diese nur vor. Infolgedessen können die Entscheidungen über die Zulässigkeit der Umlegung, die in der Anordnung der Sache nach getroffen werden, von den Beteiligten nur zusammen mit dem Rechtsbehelf gegen den Umlegungsbeschluss, der das Verfahren einleitet, zur Nachprüfung gestellt werden (Ernst/Otte in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 46 RdNr. 13; Löhr in Batis/Krautsberger/Löhr, BauGB, § 46 RdNr. 11).

Der das Verfahren einleitende Umlegungsbeschluss vom 10. März 1999, den der Umlegungsausschuss erlassen hat (§ 47 BauGB), gehört bereits zur Durchführung des Verfahrens.

Der Umlegungsausschuss ist ein Organ der Gemeinde (BGH NVwZ 1991, 916) und mit seinen nach dem Baugesetzbuch völlig selbständigen Entscheidungsbefugnissen ein gemeindlicher Ausschuss besonderer Art (BGH NVwZ 1988, 94; Ernst/Otte, a.a.O., § 46 RdNr. 22; vgl. auch Verordnung über die Umlegungsausschüsse und das Vorverfahren im Umlegungs- und Grenzregelungsangelegenheiten vom 18.1.1961 - GVBl 1961, 27 - zuletzt geändert durch Verordnung vom 11.1.1983 - GVBl 1983, 3 - RVBay). Der Umlegungsausschuss ist für die Durchführung der Umlegung mit selbstständigen Entscheidungsbefugnissen ausgestattet; er hat die Umlegung in eigener Verantwortung durchzuführen (§ 46 Abs. 1 BauGB). Insoweit ist er also gegenüber dem Rat der Stadt und der Stadtverwaltung weisungsunabhängig. Allerdings ist er an die Anordnung der Umlegung durch den zuständigen Ausschuss der Stadt gebunden. Der Umlegungsausschuss kann also nicht von sich aus eine Umlegung beginnen oder sie nach Aufhebung des Anordnungsbeschlusses fortsetzen. Er muss die Einleitung der Umlegung aber verweigern, wenn er die gesetzlichen Voraussetzungen einer Umlegung für nicht gegeben hält. Der Umlegungsbeschluss, die nach außen rechtsverbindliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Umlegung, gehört zur Durchführung des Verfahrens und damit in die alleinige Entscheidungskompetenz des Umlegungsausschusses (Löhr a.a.O. § 46 RdNr. 13).

Da die Umlegung dem Vollzug der Bauleitplanung dient, erfordert sie grundsätzlich einen Bebauungsplan im Sinne von § 30 BauGB. Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) können nach § 45 Abs. 1 BauGB zur Erschließung oder Neugestaltung bestimmter Gebiete bebaute oder unbebaute Grundstücke durch die Umlegung in der Weise neu geordnet werden, dass nach Lage, Form und Größe für die bauliche oder sonstige Nutzung zweckmäßige Grundstücke entstehen. Bei der Anordnung und auch bei der Einleitung der Umlegung ist es allerdings noch nicht notwendig, dass für das Gebiet ein Bebauungsplan schon aufgestellt ist. Aus dem Zweck der Umlegung ergibt sich aber, dass ein Beschluss vorliegen muss, einen Bebauungsplan aufstellen zu wollen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB).

Gemäß § 45 Abs. 2 BauGB kann das Umlegungsverfahren auch dann eingeleitet werden, wenn ein Bebauungsplan noch nicht aufgestellt ist. In diesem Fall muss der Bebauungsplan vor der Auslegung der Umlegungskarte in Kraft getreten sein. Diese Vorschrift dient der Beschleunigung des Verfahrens, sie trägt aber auch der gegenseitigen Abhängigkeit der Umlegung von der Aufstellung des Bebauungsplans Rechnung. Falls das Umlegungsverfahren es angezeigt erscheinen lässt, den Bebauungsplanentwurf zu ändern, wird das schwerfällige Planänderungsverfahren vermieden, das notwendig wäre, wenn der Bebauungsplan schon rechtsverbindlich wäre. Da das Baugesetzbuch das gesamte Verfahren, in dem die Bauleitplanung entworfen, ausgearbeitet und festgestellt wird, als Aufstellung bezeichnet (§ 2 BauGB), ist es für § 45 Abs. 2 BauGB rechtlich ohne Belang, in welchem Abschnitt sich das Bauleitverfahren befindet und ob es überhaupt eingeleitet oder auch nur vorbereitet ist. Allerdings muss vor dem Abschluss des Umlegungsverfahrens (Auslegung der Umlegungskarte) feststehen, wie das Umlegungsgebiet planungsrechtlich geordnet werden soll, weil sonst die Grundstücke nicht sachgemäß bewertet werden können und die Eigentümer auch nicht darauf vertrauen können, dass die Nutzung ihrer Grundstücke, von der bei der Bildung der neuen Grundstücke im Umlegungsverfahren ausgegangen wird, rechtlichen Bestand haben wird (BGH NJW 1974, 947).

Für die Umlegung gelten - ebenso wie für die Enteignung - die Verfassungsgrundsätze des geringst möglichen Eingriffs und der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Das hat zur Folge, dass eine den Eigentümer stärker belastende Maßnahme rechtswidrig ist, wenn ein ihn weniger berührender Eingriff ohne größere Schwierigkeiten die notwendige Neuordnung des Bodens im Umlegungsgebiet ermöglicht (Schrödter, BauGB § 45 RdNr. 5; Ernst/Otte a.a.O., § 46 RdNr. 5). Die Gemeinde, die eine Umlegung durchführt, muss von mehreren zur Wahl stehenden Mitteln dasjenige benutzen, das das Grundeigentum und die sonstigen durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Rechte der Betroffenen am wenigsten beeinträchtigt (Schlichter/Stich/Tittel, BauGB 3. Aufl., § 45 RdNr. 4).



2) Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so ergibt sich, dass die Antragstellerin durch den angegriffenen Umlegungsbeschluss nicht in rechtswidriger Weise in ihrem Eigentumsgrundrecht betroffen wird.


a) Die formalen Voraussetzungen für die Einleitung der Umlegung sind erfüllt. Die Stadt N hat am 4. Mai 1998 beschlossen, den Bebauungsplan Nr. ... für ein allgemeines Wohngebiet XY aufzustellen, und hat diesen Beschluss ortsüblich bekannt gemacht. In dem Beschluss wird der künftige Planbereich eindeutig bestimmt. Des weiteren hat der Bauausschuss der Stadt N mit Beschluss vom 17. September 1998 die Umlegung für dieses Gebiet angeordnet. Schließlich hat der Umlegungsausschuss mit Beschluss vom 10. März 1999 den Umlegungsbeschluss für das näher bezeichnete Gebiet erlassen und im Amtsblatt der Stadt N vom 21. April 1999 unter Angabe der betroffenen Grundstücks-Flurnummern ordnungsgemäß bekannt gemacht.


b) Der angegriffene Umlegungsbeschluss vom 10. März 1999 begegnet auch sonst keinen Bedenken:

aa) Ein Verstoß gegen § 46 Abs. 1 BauGB ist nicht ersichtlich. Nach dieser Vorschrift hat die Gemeinde die Umlegung in eigener Verantwortung anzuordnen und durchzuführen, wenn und sobald dies zur Verwirklichung eines Bebauungsplanes erforderlich ist. Eine Umlegung ist also nur dann zulässig, wenn sie zur Verwirklichung eines Bebauungsplanes erforderlich ist und keine weniger eingreifenden Mittel zur Verfügung stehen, um die Voraussetzungen für eine plangemäße Nutzung der Grundstücke im Umlegungsgebiet (Bebauungsplangebiet) zu ermöglichen (BGH DVBl 1984, 337/33 8) . Die Umlegung wäre demnach dann nicht erforderlich, wenn die Grundstückseigentümer im Umlegungsgebiet auf freiwilliger Basis bereit und in der Lage wären, eine dem Bebauungsplan entsprechende Erschließung herbeizuführen.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall aber nicht gegeben: Selbst wenn die Stadt N im Jahre 1997 den Abschluss von städtebaulichen Verträgen angeboten hatte, um die Kosten für die örtliche Entwässerung und die sozialen Folgekosten abzudecken, und wenn einige Grundstückseigentümer grundsätzlich bereit gewesen sein mögen, Grundstücksflächen an die Stadt N abzutreten, um Straßenflächen in der erforderlichen Breite zu schaffen und im Bereich des G Grabens eine öffentliche Grünfläche entstehen zu lassen, so ergibt sich doch aus den vorgelegten Unterlagen, dass jedenfalls nicht alle Grundstückseigentümer in dem betreffenden Bereich dazu bereit waren. Dies hat die Antragstellerin im Schreiben vom 21. Dezember 1999 letztlich auch eingeräumt. Somit war und ist die Umlegung erforderlich, um eine den Planungsabsichten der Stadt N entsprechende Neuordnung der Grundstücke oder Erschließung herbeizuführen.


bb) Daran ändert auch nichts, dass die Stadt N in anderen Bebauungsplangebieten durchaus sowohl private Erschließungsanlagen als auch private Grünflächen festgesetzt hat. Denn aus § 9 BauGB ergibt sich, dass es dem Träger der Planungshoheit im Rahmen seines Planungsermessens frei steht, sich für die Festsetzung öffentlicher Verkehrsflächen und öffentlicher Grünflächen zu entscheiden.


cc) Nicht zu beanstanden ist ferner, dass der Umlegungsausschuss das Umlegungsverfahren schon vor der Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans Nr. ... eingeleitet hat. Vielmehr reichte schon der Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans aus (§ 45 Abs. 2 BauGB). Der Bebauungsplanentwurf Wohngebiet XY (Bebauungsplan Nr. ...), dessen Aufstellung die Stadt N am 4. Mai 1998 beschlossen hatte, enthält bereits verlässlich festgelegte planerische Vorstellungen.


dd) Es begegnet auch keinen Bedenken, dass sich die Stadt N bei ihre planerischen Vorstellungen entschieden hat, die Grünfläche G-Graben und sämtliche Straßenflächen als öffentliches Eigentum festzusetzen.

Zwar unterscheidet § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB nicht zwischen öffentlichen und privaten Verkehrsflächen. Es ist auch fraglich, ob private Verkehrsflächen in einem Bebauungsplan überhaupt festgesetzt werden könnten (Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg a.a.O. § 9 RdNr. 83). Dies braucht aber nicht abschließend geklärt zu werden, weil als private Verkehrsflächen ohnehin nur solche Flächen in Betracht kämen, auf denen kein öffentlicher Verkehr stattfindet oder stattfinden soll (Bielenberg a.a.O.). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Vielmehr sollen die festgesetzten Verkehrsflächen der Erschließung des neuen allgemeinen Wohngebietes XY dienen. Es handelt sich somit gerade nicht um Flächen, auf denen von vornherein kein öffentlicher Verkehr stattfinden soll.

Auch soweit die Stadt N plant, gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB den G-Graben als öffentliche Grünfläche auszuweisen, sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich die Stadt N von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass einige Eigentümer in dem Bereich des Bebauungsplans bereit gewesen wären, einen Teil der benötigten Straßenflächen abzutreten und die Grünfläche als Privatleute zu pflegen und zu hegen.

ee) Die Festlegung des Umgriffes des Umlegungsgebiets unter Einbeziehung des im Eigentum der Antragstellerin stehenden Grundstücks lässt ebenfalls keinen Ermessensfehler erkennen.

Maßstab für die Festlegung des Umlegungsgebiets ist die Zweckmäßigkeit der Durchführung der Umlegung (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BauGB), wobei diese Entscheidung im Ermessen der Umlegungsstelle steht. Die Antragstellerin steht zwar auf dem Standpunkt, ihr Grundstück entspreche von seiner Größe und seinem Zuschnitt her in idealer Form einem Einzelhausgrundstück und nach den Plänen sei eine Änderung des Zuschnitts ihres Grundstücks derzeit auch gar nicht beabsichtig. Gleichwohl ist die Einbeziehung dieses Grundstücks jedenfalls nicht ermessenfehlerhaft. Denn der Umlegungszweck wird nicht schon dadurch verfehlt, dass ein Teil der bebauten Flächen aus dem Umlegungsverfahren unverändert hervorgehen soll. Die Zweckbestimmung der Umlegung erfordert nicht stets, dass der tatsächliche Zuschnitt eines jeden Einzelgrundstücks verändert wird. Die Zielsetzung des Umlegungsverfahrens, für die bauliche oder sonstige Nutzung zweckmäßig gestaltete Grundstücke zu schaffen, muss sich vielmehr auf das Umlegungsgebiet als Ganzes beziehen (BGHZ 113, 139/145 f., m.w.N.). Dieser Gesichtspunkt erlangt bei einer Umlegung, die - wie hier - in erster Linie der besseren Erschließung dient, besonderes Gewicht. Denn er rechtfertigt es, auch solche bebauten Grundstücke in die Umlegung mit einzubeziehen, deren Zuschnitt zwar unverändert bleibt, die aber entsprechend dem mit der Umlegung verfolgten Zweck erstmalig ausreichend erschlossen werden sollen.

So verhält es sich hier mit dem im südwestlichen Teil des Umlegungsgebiets gelegenen Grundstück der Antragstellerin. Wie den vorliegenden Plänen zu entnehmen ist, werden die Straßen im Umlegungsgebiet erst im Zuge der Umlegung so gestaltet, dass sie den Anforderungen des Bebauungsplans auch hinsichtlich der Straßenbreite entsprechen. Durch Anbindung des allgemeinen Wohngebiets XY an die K-straße unter Herstellung einer ausreichenden Straßenbreite erfahren auch die im südwestlichen Bereich des Umlegungsgebietes gelegenen Grundstücke einen Vorteil, der ihre Einbeziehung in das Umlegungsverfahren rechtfertigt (BGH BayVBl 1994, 283/284).


ff) Es ist auch nicht ermessensfehlerhaft, dass die Umlegungsstelle den Umgriff des Umlegungsgebietes nicht lediglich auf diejenigen Grundstücke beschränkt hat, die nördlich der geplanten öffentlichen Grünfläche G-Graben liegen. Planungsabsicht der Stadt N ist es, das Wochenendhausgebiet XY der früheren Gemeinde W, die in die Stadt N eingemeindet worden ist, in ein allgemeines Wohngebiet umzuwandeln. Schon aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 GG) ist es daher gerechtfertigt, auch solche Grundstücke im Bebauungsplangebiet in das Umlegungsverfahren mit einzubeziehen, deren Grundstücksgrenzen zwar unverändert bleiben sollen, die aber - wie das Grundstück der Antragstellerin - durch die Umlegung eine Wertsteigerung erfahren: Zum einen dadurch, dass ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt werden soll (was eine höhere Bebauung zulässt und den Nutzwert des Grundstücks steigert), zum anderen dadurch, dass erstmalig eine für ein allgemeines Wohngebiet ausreichende Erschließung nach den baurechtlichen Vorschriften geschaffen wird (was sich aus den vorliegenden Plänen entnehmen lässt).

Soweit sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang darauf beruft, ihr Grundstück sei bereits vorher erschlossen gewesen, so folgt daraus jedenfalls nicht, dass ihr Grundstück hinsichtlich Bebaubarkeit und Erschließung durch die Planungsabsichten der Stadt N keine zusätzlichen werterhöhenden Vorteile zu erwarten hätte.

Da schließlich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a.a.O.) die Zweckbestimmung der Umlegung nicht stets erfordert, den tatsächlichen Zuschnitt eines jeden einzelnen Grundstücks zu verändern, ist es vorliegend gerechtfertigt, das Grundstück der Antragstellerin in die Umlegung mit einzubeziehen.


gg) Der Bebauungsplan Nr. ... hat zum Ziel, das bestehende Wochenendhausgebiet in ein allgemeines Wohngebiet umzuwandeln, um so im gesamten Bebauungsplangebiet eine höherwertige Bebauung zuzulassen. Das planakzessorische Umlegungsverfahren dient dazu, die hierfür erforderlichen Erschließungsmaßnahmen durchführen zu können. Es ist daher sachgerecht und nicht ermessensfehlerhaft, dass der Umlegungsausschuss unter Gleichheitsgesichtspunkten alle im Bebauungsplangebiet gelegenen Grundstücke in ein Umlegungsverfahren mit einbezogen hat, um dadurch eine auf dem Gedanken der Solidargemeinschaft beruhende Gleichbehandlung und Gleichbelastung aller Eigentümer im Bebauungsplangebiet sicherzustellen.

Sollten im einheitlichen Umlegungsgebiet einzelne Bereiche im Hinblick auf den Stand der Erschließung oder den Bedarf an Flächen für die öffentliche Nutzung unterschiedlich betroffen sein, so könnte dies die Umlegungsstelle auch bei Durchführung der Umlegung angemessen berücksichtigen, nämlich in dem noch aufzustellenden Umlegungsplan, bei der Berechnung der Verteilungsmasse und bei der Verteilung nach Flächen, Flächenabzügen und Flächenbeiträgen (BGH NVwZ 2001, 233).


hh) Die Antragstellerin kann auch nicht mit ihrem Einwand durchdringen, die Umlegung diene allein dazu, der Stadt N Geldleistungen im Rahmen eines Ausgleichs nach § 59 Abs. 2 BauGB zu verschaffen, um auf diesem Umweg die nicht umlegbaren Kanalherstellungs- und Erschließungskosten decken zu können. Derartige Kosten werden nicht bei der Festsetzung von Ausgleichszahlungen nach § 59 Abs. 2 BauGB berücksichtigt; vielmehr erfolgt insoweit eine Abrechnung nach den bestehenden Satzungen des Antragsgegners.


ii) Der Umlegungsbeschluss ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil über die im Zuge eines Umlegungsverfahrens nach § 57 BauGB zu ermittelnden Einlage- und Zuteilungswerte, die auch für eventuelle Ausgleichszahlungen nach § 59 Abs. 2 BauGB maßgeblich sind, noch keine Aussagen getroffen werden können. Solche Festlegungen sind dem Verfahren zur Aufstellung eines Umlegungsplanes nach den §§ 55 ff BauGB vorbehalten.

Entgegen der Behauptung der Antragstellerin steht auch keinesfalls von vornherein fest, dass eine wertgleiche Abfindung in Land gar nicht erfolgen kann, zumal nach § 59 Abs. 5 BauGB auch die Abfindung mit Grundstücken außerhalb des Umlegungsgebietes in Betracht zu ziehen ist. Diese Frage ist aber letztlich wieder Gegenstand des noch aufzustellenden, erneut angreifbaren Umlegungsplanes nach § 66 BauGB.


jj) Nicht gefolgt werden kann der Antragsgegnerin, wenn sie meint, dass die Stadt N nur geringfügige Arrondierungsflächen zur Verwirklichung ihrer Planungsabsichten benötige. Aus den vorgelegten Planungs-Unterlagen entnimmt der Senat das Gegenteil.


kk) Der angefochtene Umlegungsbeschluss stellt keine enteignende Maßnahme dar. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 24. Juli 1996 (44 U 3240/95) unter Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung dargelegt, dass und weshalb die Umlegung nach dem Bundesbaugesetz als Inhaltsbestimmung des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG anzusehen ist. Die Umlegung greift zwar in den Eigentumsbestand ein, formt ihn aber im Interesse des Eigentümers um und ist daher ein vorrangig einzusetzendes Instrument der Planverwirklichung. Daraus ergibt sich, dass die Umlegung letztlich eigentümernützlich ist und daher mit der Privatnützigkeit des Eigentums korrespondiert. Hinzu kommt, dass die Umlegung auch gegenüber der Enteignung in der Regel das wesentlich mildere Mittel ist, weil sie auf Kooperation und Bestandserhaltung gerichtet ist statt - wie die Enteignung - auf Konfrontation und entschädigungspflichtige Wegnahme.


3) Aus all dem folgt, dass die Antragstellerin durch die Einbeziehung ihres Grundstücks in das Umlegungsverfahren weder unzumutbar belastet noch rechtswidrig in ihrem Eigentumsgrundrecht verletzt noch im Vergleich zu anderen Grundstückseigentümern unangemessen benachteiligt wird.

Die weiteren Einwände der Antragstellerin, die sich im Wesentlichen gegen die Planvorstellungen der Stadt N richten und deren Planungsermessen angreifen, sind im vorliegenden Verfahren nicht mehr entscheidungserheblich.

Das Rechtsmittel der Antragstellerin war daher zurückzuweisen.



4) Die Kostenentscheidung beruht auf § 221 Abs. 1 Satz 1 BauGB i.V.m. § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11, § 711 ZPO, die Wertfestsetzung auf § 3 ZPO.




(Urteil des Oberlandesgericht Nürnberg
vom 6.7.2001, Az. 44 U 3207/00)

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