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Sachverständiger: Grundstücksgutachten-Holzschutzmittel-Schadensersatz
Landgericht Bonn
Az: 18 O 44/03
Urteil vom 13.11.2003
Das Landgericht Bonn hat auf die mündliche Verhandlung vom X für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in der Höhe des 1,2fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d:
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz und Feststellung dessen Ersatzpflicht für weitere Schadensbeseitigungskosten wegen fehlerhafter Beratung im Rahmen der Begutachtung der Wertigkeit eines zu kaufenden Hausgrundstücks aus eigenem wie auch abgetretenem Recht seiner Ehefrau in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im Jahre 1999 interessierten sich der Kläger und seine Ehefrau (im Folgenden zur Vereinfachung: Kläger) für den Kauf des in der Straße X2 in xxx 1 L gelegenen Einfamilienhauses, das ihnen zum Preise von 1.100.000,00 DM angeboten worden war und das sie teilweise zu finanzieren beabsichtigten. Bei den Aufbauten handelt es sich um ein Holzfertighaus der Firma I2 GmbH & Co. KG in J (im Folgenden: Fa. I2 ), das der Vorbesitzer des Klägers etwa im Jahre 1984 erwarb und um eine Einliegerwohnung erweiterte. Zwecks Überprüfung der Wertigkeit des Anwesens zog der Kläger den Beklagten hinzu. Unter dem 04.08.1999 kam es zu einer gemeinsamen Besichtigung des Hauses einhergehend mit einer gleichzeitigen mündlichen Gutachtenerstattung innerhalb eines Zeitrahmens von etwa eineinhalb Stunden. Dabei gab der Beklagte seine Einschätzung dahin gehend kund, dass der vom Verkäufer geforderte Preis nicht unangemessen erscheine. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger dem Beklagten schriftliche Unterlagen wie einen Lageplan, Architektenpläne etc. nicht zur Verfügung gestellt. Der Auftragsumfang im Einzelnen ist streitig.
Aufgrund notariellen Kaufvertrages vom 23.08.1999 erwarben die Kläger das oben bezeichnete Hausgrundstück zu je 1/2 Miteigentumsanteil zum Preise von 1.100.000,00 DM. Mit Schreiben vom 09.09.1999 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er von dem Sachbearbeiter der teilfinanzierenden Bank einen Flurkartenauszug und auszugsweise Kopien des Grundbuchs erhalten habe, und bat zwecks Fertigung des erwünschten Kurzgutachtens um Übersendung der Grundrisszeichnungen des Hauses. Unter dem selben Datum bestätigte er die Preisangemessenheit gegenüber der teilfinanzierenden Bank im Auftrag des Klägers. Am 04.10.1999 erteilte der Beklagte dem Kläger seine Honorarrechnung über 696,00 DM brutto, wobei er für seine Tätigkeit einschließlich der Führung mehrerer Gespräche mit dem Sachbearbeiter der teilfinanzierenden Bank einen Zeitaufwand von insgesamt drei Stunden in Ansatz brachte. Noch am Tag darauf erteilte der Kläger dem Beklagten den Auftrag zur Erstellung eines Wertermittlungs-Kurzgutachtens zwecks Vorlage bei der teilfinanzierenden Bank, den der Beklagte durch Übersendung des Wertermittlungsgutachtens vom 02.11.1999 erledigte.
Im August des Jahres 2000 kam bei dem Kläger der Verdacht auf, dass das von ihm erworbene Haus mit gesundheitsschädlichen Holzschutzmitteln belastet sein könnte. Durch die Firma U GmbH (im Folgenden: Fa. U) ließ er Feststellungen zu Schadstoffbelastungen der mit Holzschutzmitteln behandelten Teile des Hauses treffen und holte labormedizinische Befunde über seine Familienmitglieder ein, zu denen auch zwei minderjährige Kinder gehören.
Gegenstand des Klageantrages zu 1. sind die Rechnung der Fa. I2 vom 21.08.2002 betreffend die Sanierung einzelner Räume über 46.611,05 EUR, die Honorarrechnung des Beklagten vom 04.10.1999 über 696,00 DM (355,86 EUR) und die TÜV-Honorare mit insgesamt 1.411,47 EUR. Der Feststellungsantrag zu 2. betrifft die Sanierung weiterer Räume.
Der Kläger behauptet, ihm sei es vor Kaufvertragsabschluss darum gegangen, den Zustand und den Wert des zu erwerbenden Hausanwesens feststellen zu lassen. Ausschließlich zu diesem Zweck habe er den Beklagten mit der Besichtigung und der Begutachtung des Hausobjektes beauftragt. Der Beklagte habe sich, wie das Wertermittlungsgutachten vom 02.11.1999 zeige, eingehend mit Dach und Fach, dem Gebäudeinneren, der Dacheindeckung, notwendigen Reparaturen und Schädlingsfall befasst. Er habe gewusst, dass das Haus bereits in den 70iger Jahren errichtet worden sei. Der Kläger vertritt die Auffassung, bei gehöriger Ausführung des Auftrages habe der Beklagte sie darauf hinweisen müssen, dass das betroffene Haus möglicherweise mit toxischen, gesundheitsschädlichen Holzschutzmitteln behandelt sei. Er behauptet, in Sachverständigenkreisen sei im Jahre 1999 allgemein bekannt gewesen, dass I2-Häuser in den 70iger Jahren grundsätzlich mit Holzschutzmitteln behandelt worden seien, die gesundheitsschädliche toxische Schadstoffe wie DTT und vor allem PCP enthalten hätten. Wenn der Beklagte ihn auf dieses Risiko hingewiesen hätte, würde er von seiner Absicht zum Kaufvertragsabschluss Abstand genommen oder dieses Risiko jedenfalls mit in die Bemessung des Kaufpreises bei den Kaufvertragsverhandlungen einbezogen haben. Unter Bezugnahme auf die gutachterlichen Stellungnahmen der Fa. U (Anlagen 3 - 5 zur Klageschrift) behauptet er, die verwendeten Holzschutzmittel seien toxisch derart belastet, dass sie konkrete Gesundheitsschäden auslösen könnten. Die konkrete Belastung der Familienmitglieder habe teilweise die zulässigen medizinischen Grenzwerte überschritten. Die vorgenommenen Sanierungsmaßnahmen seien notwendig gewesen, um der überhöhten toxischen Belastung, insbesondere durch PCP, durch geeignete bauliche Maßnahmen entgegen zu treten. Die von der Fa I2 geltend gemachten Sanierungskosten seien angemessen.
Der Kläger beantragt,
1.
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 45.378,38 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2.
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den weiteren Schaden des Klägers durch die noch durchzuführende PCP-Sanierung des Hauses X2, XXX 1 L incl. der Einliegerwohnung und des Schwimmbadbereichs mit Ausnahme der bereits sanierten Kinderzimmer und der an diese angrenzenden sanierten Bereiche des Flures und Bades zu ersetzen, insbesondere Schadensersatz zu leisten für die Erneuerung der Verkofferungsblenden in Küche, Essraum, Wohnzimmer, Windfang und Empore, Erneuerung von Türen im Schlafzimmer, im Arbeitszimmer, im Gästezimmer, im Gästebad und im Kellerbereich (5 Türen), Erneuerung der Verblendung der Küchentheke, Erneuerung der 4 Sidebords in der Empore, von 6 Kaminregalen sowie zwei Bücherregalen im Wohnzimmer, das Abschleifen aller Balken, außerhalb der Kinderzimmer, die Erneuerung waagerechter Deckenhölzer, die Erneuerung der Fensterrahmen sowie in der Einliegerwohnung die Erneuerung der Dachschrägenhölzer, das Abschleifen der vorhandenen Balken, das Ersetzen von 3 Türen, 5 Sidebords und der dortigen Fensterahmen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, unter Berücksichtigung des Auftragsumfanges sei er zur Erteilung eines Hinweises auf eine mögliche Schadstoffbelastung durch Verwendung toxischer Holzschutzmittel nicht verpflichtet gewesen. Er behauptet, Gegenstand der Auftragserteilung sei nicht die Feststellung des Zustandes und der Wertes des Hauses gewesen, sondern eine grobe Überprüfung der Angemessenheit der Kaufpreisforderung der Verkäufer und die Mitteilung des Ergebnisses in pauschaler Form an die teilfinanzierende Bank. Die Beauftragung zur Erstellung eines schriftlichen Wertermittlungsgutachtens sei - wie auch unstreitig ist - erst nach dem Kauf erfolgt. Er bestreitet die Errichtung des Hauses in den 70iger Jahren mit Nichtwissen und behauptet, dieses sei seiner Einschätzung nach erst im Jahre 1980 fertiggestellt worden. Der gesamte Holzanstrich des Kaufobjektes habe sich im August 1999 in einem neuwertigen Zustand befunden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst den von ihnen zu den Akten eingereichten Unterlagen ergänzend Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Die Klage ist zulässig.
Insbesondere hat der Kläger ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten hinsichtlich der noch nicht sanierten Teile des betroffenen Hauses. Der Feststellungsantrag bezieht sich auf Sanierungsarbeiten, die vom Umfang her und unter Berücksichtigung der Zeitkomponente für die erforderliche Koordination und deren Durchführung in einem bewohnten Haus nicht ohne weiteres kostenmäßig beziffert werden können. Auch liegt sein Interesse an einer kostenmäßigen Planungssicherheit vor Durchführung der weiteren von ihm beabsichtigten Renovierungsarbeiten auf der Hand. Die Sanierungsarbeiten können sich zudem auf einen Zeitraum erstrecken, dr die Herbeiführung der Hemmung der Verjährung durch Erhebung einer Feststellungsklage rechtfertigt.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der Beklagte ist aus dem einzig in Betracht kommenden, vor der Neukodifizierung der §§ in ständiger Rechtsprechung anerkannten Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung gem. § in Verbindung mit §§ 611 ff., nicht haftbar. Eine objektive Pflichtverletzung des Beklagten im Rahmen der Tätigkeit für den Kläger, die für den von dem Kläger geltend gemachten Schaden ursächlich sein könnte, ist nicht feststellbar.
(1) Dabei hat eine Bewertung der Tätigkeit des Beklagten im Rahmen der Ausführung des Auftrages zur Erstellung des Wertermittlungsgutachtens zu unterbleiben. Der Auftrag zur Erstattung eines Wertermittlungs-Kurzgutachtens zur Vorlage bei der teilfinanzierenden Bank des Klägers wurde dem Beklagten unstreitig erst im Anschluss an den Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrages vom 23.08.1999 erteilt. Die insoweit von dem Beklagten entfaltete Tätigkeit konnte sich nicht auf den Kaufvertragsentschluss, ohne dessen Realisierung wiederum ein Schaden nicht entstanden wäre, auswirken.
(2) Die von dem Beklagten für den Kläger vor Kaufvertragsabschluss am 04.08.1999 auftragsgemäß entfaltete Tätigkeit ist nach Art und Umfang als Dienstvertrag im Sinne eines Beratungsvertrages zu qualifizieren. Die Art des Termins mit einer Besichtigung des Hausanwesens und mündlichen Gutachtenerstattung innerhalb von etwa eineinhalb Stunden, zu dem dem Beklagten Unterlagen über das Hausanwesen nicht vorlagen und zu dem er auch keinerlei Werkzeuge und Messgeräte bei sich führte, spricht gegen die Beauftragung zu einer eingehenden Begutachtung. Hiermit korrespondiert, dass der Beklagte seine diesbezügliche Tätigkeit (einschließlich der Führung mehrerer Gespräche mit dem Sachbearbeiter der teilfinanzierenden Bank des Klägers) später vereinbarungsgemäß nach Zeitaufwand abrechnete (vgl.: OLG Hamm, BauR 1999, 1323 f.). Der Beklagte schuldete ersichtlich keinen Erfolg. Er hatte kein förmliches, insbesondere kein schriftliches Gutachten zu erstatten, dem Feststellungen zu Baumängeln und -schäden vorauszugehen hatten.
(3) Der im Tatbestand dieses Urteils beschriebene und vorstehend umrissene Auftragsumfang ist für die Beurteilung des Pflichtenkreises des Beklagten entscheidend (vgl.: OLG Hamm, a.a.O., 1323; auch: BGH NJW 1998, 1059 ff., 1060). Aus der Art und dem Umfang des Auftrages ist maßgeblich herzuleiten, welche Leistungen der Kläger berechtigter Weise von dem Beklagten erwarten durfte. Danach beschränkten sich die an den Beklagten gem. § zu stellenden Sorgfaltspflichten in dem Termin vom 04.08.1999 auf eine visuelle und summarische Prüfung und anschließende mündliche gutachterliche Stellungnahme zur Wertigkeit des Kaufobjekts. Im Rahmen der Durchführung des Auftrages war der Beklagte auch verpflichtet, auf entscheidungsrelevante Faktoren aufmerksam zu machen. Denn ohne die Beobachtung solcher lässt sich die im Rahmen des geforderten Vergleichs mit der Kaufpreisforderung des Verkäufers notwendige, wenn auch summarische Prüfung der Wertigkeit des Hausanwesens nicht bewerkstelligen. Hinweispflichtig war er unter Berücksichtigung des vorbeschriebenen Auftragsumfanges jedoch nur hinsichtlich solcher wertmindernden Faktoren, die ihm infolge seiner beruflichen Erfahrung bekannt waren oder für deren Bestehen ein konkreter Anlass gegeben war (vgl.: OLG Hamm, a.a.O.).
(4) Im Rahmen dieses beschriebenen Pflichtenkreises war der Beklagte unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht verpflichtet, den Kläger darauf hinzuweisen, dass die Holzteile des Hauses möglicherweise mit Holzschutzmitteln, die PCP, DDT und andere Toxide enthalten könnten, behandelt und deswegen massiv gesundheitsschädlich sind:
(4.1) Dem Beklagten war die ernsthafte Möglichkeit der Behandlung der Holzteile des Kaufobjektes mit gesundheitsschädlichen toxischen Stoffen nicht bekannt. Von dem Gegenteil kann jedenfalls nicht ausgegangen werden. Es spricht nichts dafür, dass dem Beklagten dieses Schadensrisiko bewusst war. Das - wenn auch später erstattete - Wertermittlungsgutachten enthält keine Anhaltspunkte für eine entsprechende Kenntnis. So hat der Beklagte den Kläger in dem Termin vom 04.08.1999 darauf hingewiesen, dass ein Teil der Dacheindeckung sehr wahrscheinlich asbesthaltig ist. Um so mehr Veranlassung für einen Hinweis hätte für ihn bestanden, wenn ihm die mögliche Holzbelastung bekannt gewesen wäre. Denn wenn in einem vorwiegend in Holzbauweise errichteten Haus gesundheitsschädliche Holzschutzmittel verwendet sind, weist ein solches Objekt zweifellos einen wertmindernden, bei der Bestimmung der Wertigkeit zu berücksichtigenden Schaden auf, der ein Vielfaches des Schadens der Dacheindeckung betragen kann. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Beklagte ein von der IHK C bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken ist und nicht über Spezialkenntnisse betreffend die Bewertung von Häusern in Holzkonstruktion und die bei solchen verwendeten Holzschutzmittel verfügt.
(4.2) Die - unterstellte - gesundheitsschädliche Schadstoffbelastung der verwendeten Holzschutzmittel war auch nicht sichtbar. Wahrnehmbar für den Beklagten war insoweit lediglich die Verwendung eines Holzschutzmittels. Die Behandlung von Holzbauteilen mit einem Schutzanstrich dient der Erhaltung eines Objekts und ist somit grundsätzlich nicht wertmindernd zu berücksichtigen. Die Schadstoffhaltigkeit des Anstriches ist im Rahmen einer Begehung auch für einen Sachverständigen nicht wahrnehmbar.
(4.3) Schließlich bestand für den Beklagten auch kein konkreter Anlass für die Annahme, die verwendeten Holzschutzmittel enthielten gesundheitsschädliche toxische Stoffe. Einem "allgemein" zur Bewertung von unbebauten und bebauten Grundstücken berufenen Sachverständigen musste sich die gesundheitsbedenkliche Schadstoffhaltigkeit von Holzschutzmitteln eines in den 70iger oder 80iger Jahren erbauten Holzhauses nicht aufdrängen.
(4.3.1) Entgegen der Behauptung des Klägers kann schon nicht davon ausgegangen werden, dass die gesundheitsschädliche Schadstoffhaltigkeit von Holzschutzmitteln, die in dem betroffenen Zeitraum verwendet wurden, im Jahre 1999 in Sachverständigenkreisen allgemein bekannt war. Entsprechende Feststellungen lassen sich mit den prozessual zulässigen Beweismitteln nicht treffen. Das von dem Kläger insoweit vorgelegte Gutachten des Prof. Dr.-Ing. S in N und ein auf den Antrag des Klägers einzuholendes gerichtliches Sachverständigengutachten sind nicht geeignet, entsprechende überzeugungsbildende Rückschlüsse zuzulassen. Ein Sachverständiger wird sich nicht wirklich zuverlässig dazu äußern können, ob die meisten in den 70igern Jahren in vorwiegender Holzbauweise errichteten Häuser gesundheitsschädliche toxische Belastungen aufweisen und die Mehrzahl der zur Bewertung von Grundstücken berufenen Sachverständigen über eine entsprechende Kenntnis verfügt. Eine entsprechende, diese Beweisbehauptungen bestätigende Aussage kann letztlich nur auf dem eigenen Kenntnisstand und vielleicht dem einiger, teils publizierenden Kollegen gründen. Eine repräsentative Erhebung und Veröffentlichung über die Schadstoffbelastung von Holzhäusern verschiedener Hersteller oder jedenfalls der Fa. I2 ist nicht vorgetragen. Eine Befragung einer repräsentativen Anzahl der betroffenen Sachverständigenkreise zum Kenntnisstand über die Schadstoffhaltigkeit von Holzschutzmitteln, bezogen auf das Jahr 1999, hat - soweit ersichtlich - nicht stattgefunden.
(4.3.2) Im Übrigen darf ein Sachverständigengutachten nicht auf Mutmaßungen und Unterstellungen aufbauen, sondern muss sich auf Tatsachen stützen (BGH, a.a.O.). Sorgfaltsmaßstab war nicht, ob der Beklagte hätte erkennen/wissen können oder müssen, dass Häuser in Holzbauweise aus den 70iger Jahren gesundheitsschädliche Holzschutzmittel enthalten können. Vielmehr ist - wie bereits ausgeführt - ein konkreter Anlass bezogen auf das zu begutachtende Objekt zu fordern, wie etwa - von den Parteien im Termin übereinstimmend vorgetragen - bei dem an einer Kellerwand sichtbaren dunklen Fleck im Hinblick auf das Risiko einer mangelhaften Feuchtigkeitsabdichtung (vgl. auch: OLG Hamm, a.a.O., 1324). Hieran fehlt es bezogen auf eine Schadhaftigkeit der Holzschutzanstriche in dem zu begutachtenden Objekt..
(4.3.3) Selbst wenn der Beklagte - unterstellt - wusste oder zumindest hätte wissen müssen, dass es sich um ein im Jahre 1972/1973 erbautes I2-Haus handelte, und selbst wenn er - unterstellt - gewusst hätte oder hätte wissen müssen, dass I2-Häuser zum damaligen Zeitpunkt - wiederum unterstellt - mit PCP-haltigen Holzschutzmitteln in gesundheitsschädlichem Ausmaße behandelt wurden, musste sich ihm nicht aufdrängen, dass das von dem Kläger damals noch zu erwerbende Haus noch gesundheitsbedenkliche Ausdünstungen aufwies. Es bedurfte schon der Fachkenntnis eines Umweltgutachters, um annähernd einschätzen zu können, ob vor knapp 30 Jahren verwendete Holzschutzmittel weiterhin gesundheitsgefährdend sind. Zudem war es durchaus möglich, dass der oder die Vorbesitzer nach Publizierung der Holzschutzmittelproblematik seit Ende der 70iger Jahre Sanierungsarbeiten und neue Anstriche mit umweltfreundlichen Mitteln vorgenommen hatten. Es ist nicht dargetan oder sonstwie ersichtlich, dass der Zustand der Gebäudeholzteile für einen "allgemeinen" Wertgutachter den Schluss darauf zuließ, dass sich die Holzteile noch im ursprünglichen Zustand befanden.
(4.4) Der Kläger konnte auf der Grundlage der vereinbarungsgemäß entfalteten Sachverständigentätigkeit berechtigter Weise nicht erwarten, der Beklagte würde ihn über die bekannten und sichtbaren wertbildenden Faktoren hinaus über häufig vorhandene Hausschäden informieren. Es hieße, die Hinweispflichten eines Sachverständigen im Rahmen einer eineinhalbstündigen Objektbesichtigung einschließlich der Dauer der mündlichen Gutachtenerstattung zu überspannen, wenn er auf alle möglichen Risiken, für deren Vorliegen sich im Rahmen des Ortstermines keine konkreten Anhaltspunkte ergeben, aufklären müsste. Eine Information über alle gewichtigen mangelhaften Arbeiten, die Unternehmern bei der Errichtung von Gebäuden häufig unterlaufen, hätte den Rahmen des erteilten Auftrages schon in zeitlicher Hinsicht überschritten. Der Kläger konnte nicht damit rechnen, der Beklagte würde sich in dem Ortstermin in entsprechenden Vermutungen auslassen. Der Beklagte konnte nicht ernsthaft davon ausgehen, der Kläger erwarte entsprechende Mutmaßungen. Konkret bezogen auf das Holzschutzmittelrisiko konnte der Kläger nicht erwarten, dass der Beklagte über eine besondere Sachkunde betreffend die Bewertung von Holzhäusern einschließlich der Art und des Inhalts der im Holzhausbau verwendeten Holzschutzmittel und deren Schadstoffhaltigkeit verfügt und auf diesem Gebiet in gesteigertem Maße sensibilisiert ist.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 709 Satz 1 und 2 ZPO.
Streitwert:
Klageantrag zu 1. 45.378,38 EUR
Klageantrag zu 2. 15.000,00 EUR
Gesamtstreitwert gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 GKG 60.378,38 EUR