Was bei der Gartennutzung erlaubt und was verboten ist
Die Monate ohne „r“, heißt es manchmal, seien die schönsten in Deutschland. Und in der Tat: Von Mai bis August kann man sich auf einigermaßen gute Witterungsverhältnisse verlassen. Nicht immer, aber meistens. Viele Mieter, Haus- und Wohnungseigentümer verlegen in dieser Zeit ihre gute Stube nach draußen, in den Garten. Dort essen, feiern, faulenzen und arbeiten sie – zumindest so lange, bis die Nachbarn ihr Veto einlegen. Der LBS-Infodienst Recht und Steuern hat einige Gerichtsurteile gesammelt, aus denen deutlich wird, was man eigentlich im Garten alles unternehmen darf, ohne mit der Justiz in Schwierigkeiten zu kommen.
Das größte Vergnügen im Garten ist für viele das Ernten der Früchte. Johannisbeeren, Birnen, Kirschen und Äpfel schmecken eben selbstgepflückt am besten. Wem aber gehören eigentlich die Leckereien, dem Eigentümer des Grundstücks oder den Mietern? Darüber musste das Amtsgericht Leverkusen entscheiden (Aktenzeichen 28 C 277/93). Ein Eigentümer hatte auf Schadenersatz wegen „Fruchtentziehung“ geklagt, weil seine Mieter ohne Nachfrage geerntet hatten. Im Mietvertrag war davon keine Rede, da wurde nur festgelegt, das Einfamilienhaus werde nebst Garten vermietet. Der Richter fand an der Verwertung des Obstes durch die Mieter nichts anstößiges. Sie hätten schließlich die Pflege des Gartens übernommen und dürften deswegen auch dessen Früchte genießen. Anders sähe es nur dann aus, wenn das Recht des Eigentümers auf die Ernte eigens im Vertrag aufgenommen worden wäre.
Eine weitere, immer wieder umstrittene Nutzungsmöglichkeit eines Gartens stellt das Wäschetrocknen dar. Manche Nachbarn stoßen sich daran, wenn zeitweise Hemden, Handtücher und Unterhosen auf der Leine hängen. Das pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken hatte darüber zu entscheiden, ob das Aufstellen einer Wäschespinne in einer Wohnanlage als eine bauliche Veränderung zu bewerten sei und daher von der Eigentümergemeinschaft genehmigt werden müsse (Aktenzeichen 3 W 198/99). Der Betroffene hatte im Boden ein Führungsrohr eingelassen, in das er die Spinne bei Bedarf steckte. Das Trockengerät war also nicht immer zu sehen. Die Juristen genehmigten das. Von einer nachhaltigen optischen Störung der Wohnanlage könne keine Rede sein.
Manche Mieter können richtig wild werden, wenn sie den Garten plötzlich nicht mehr benutzen dürfen. Ein solcher Fall hatte sich in Berlin ereignet, wo der Eigentümer eines Anwesens einen Hinterhof durch einen Zaun abgetrennt und mit einem Türchen versehen hatte. Einen Bewohner störte das so sehr, dass er mit dem Bolzenschneider anrückte, den Zaun beschädigte und das Tor aushängte. Ihm wurde daraufhin fristlos gekündigt. Das Amtsgericht Schöneberg (Aktenzeichen 12 C 215/00) ließ die Kündigung nicht gelten. Es habe sich um einen einmaligen Ausrutscher des Mieters gehandelt, der immerhin schon zehn Jahre dort wohne. Der Sachschaden in Höhe von 500 Euro sei von ihm beglichen worden, zudem habe der Eigentümer den Mietern die Gartennutzung in rechtlich bedenklicher Weise entzogen. Deswegen müsse man es nicht zum Äußersten, nämlich zur Kündigung, kommen lassen.
Manche Nachbarn empfinden die Art und Weise, wie ein Garten genutzt wird, als dermaßen störend, dass sie eine Mietminderung geltend machen wollen. In einem Prozess vor dem Amtsgericht Kerpen (Aktenzeichen 20 C 443/01) ging es um eine Familie, die für ihre Kinder Spielgeräte aufgestellt hatte. Gelegentlich wurden auch Mädchen und Buben aus der Umgebung eingeladen, um sich dort zu vergnügen. Alles in Ordnung, befand die Justiz. So lange Schaukel und Rutsche nicht fest im Boden verankert seien, dürften sie benutzt werden. Den Geräuschpegel müsse die Nachbarschaft aushalten.
Anders sieht es in Sachen Mietminderung aus, wenn ein Garten kaum noch zu benutzen ist, weil er zum Abstellplatz geworden ist. Das Amtsgericht Köln (Aktenzeichen 214 C 83/94) beanstandete, dass Baumaterialien und ähnliche Gegenstände auf der Freifläche gelagert wurden. Das sei den Mietern nicht zuzumuten. Sie durften deswegen ihre monatlichen Zahlungen um zehn Prozent reduzieren – zumindest so lange, bis der Eigentümer wieder Platz geschaffen hatte.
Nicht nur Menschen, sondern auch Tiere genießen es, wenn sie nach der kalten Jahreszeit wieder ins Freie können. Eine Hamburger Familie stellte zu dem Zweck eine Hundehütte auf, was aber dem Eigentümer des Gartens gar nicht gefiel. Er drängte vor dem Amtsgericht Hamburg-Wandsbek auf eine Entfernung des „Schwarzbaus“ (Aktenzeichen 713b C 736/950). Die Justiz schloss sich diesem Ansinnen nicht an. Die kleine Holzhütte für den Hund sei weder mit dem Erdreich noch mit der Hauswand verbunden, sie stehe lediglich lose auf den Gehwegplatten. Darum dürfe sie bleiben.
Oft spricht man davon, dass es einem Anwohner „stinkt“, was seine Nachbarn so alles treiben. Manchmal ist das wörtlich zu nehmen: Ein Grundstückseigentümer hatte seinen Komposthaufen ausgerechnet an der Grenze zur nächstliegenden Immobilie aufgebaut – dort, wo sich der Kinderspielplatz der Nachbarn befand. Das geht nicht, entschied das Landgericht München I (Aktenzeichen 23 O 14452/86). Immerhin sei das Grundstück des Beklagten rund 1.350 Quadratmeter groß. Da müsse es ihm möglich sein, noch andere Plätze für seinen Komposthaufen zu finden. Denn es bestehe kein Zweifel, dass von einer solchen Anlage immer wieder Geruchsbelästigungen ausgingen und dort vermehrt Insekten auftreten.
Gartenarbeit macht Spaß, so empfinden es viele Mieter. Selbst wenn das nicht der Fall sein sollte, sind sie oft trotzdem vertraglich verpflichtet, sich um die Freifläche zu kümmern. Wie weit geht aber der Zwang zum Gärtnern? Das hatte dass Landgericht Detmold (Aktenzeichen 2 S 180/8
zu klären. Die Richter befanden: Einfache Pflegearbeiten wie das Jäten von Unkraut, das Rasenmähen und das Umgraben von Beeten gehören dazu. Ein Mieter ist allerdings keine Fachkraft und kann nicht dazu verpflichtet werden, sich um das Beschneiden von Bäumen und Büschen zu kümmern. Das ist eindeutig Sache des Eigentümers.