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"Die vor zwei Jahren in Kraft getretene Mietrechtsreform hat sich im Wesentlichen bewährt. Trotzdem bleibt das Mietrecht weiter in Bewegung. In den letzten Wochen und Monaten hat der Bundesgerichtshof mit einer Vielzahl von Grundsatzentscheidungen für zusätzliche Klarheit und Rechtssicherheit gesorgt. Die Karlsruher Richter haben aber auch Defizite der Mietrechtsreform aufgezeigt. So muss der Gesetzgeber bei der Regelung der Kündigungsfristen für Mieter jetzt dringend nachbessern", erklärte Dr. Franz-Georg Rips, Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB), auf einer Pressekonferenz in Hamburg.

Kündigungsfristen – BGH VIII ZR 240/02 (324/02; 330/02; 355/02)

Mit der Mietrechtsreform hat der Gesetzgeber festgelegt, dass Mieter unabhängig von der Wohndauer mit einer Frist von 3 Monaten kündigen können. Für "Altverträge", vor dem 1. September 2001 abgeschlossen, bestimmt eine Übergangsregelung: Soweit längere Kündigungsfristen durch Vertrag vereinbart wurden, gelten diese weiter.

Die unter Juristen strittige Frage, ob mit der Formulierung "durch Vertrag vereinbart" tatsächlich nur – wie die Bundesregierung meinte – die ausdrücklich und individuell ausgehandelten Kündigungsfristregelungen gemeint sind, beantwortet der Bundesgerichtshof mit einer schallenden Ohrfeige für den Gesetzgeber: Wird im Altmietvertrag die bis zum 31.8.2001 geltende Kündigungsfristregelung wörtlich oder sinngemäß wiedergegeben, ist auch das vertraglich vereinbart. Es gelten für Mieter und Vermieter die gleichen, nach Wohndauer gestaffelten Kündigungsfristen zwischen 3 und 12 Monaten.

Mieterbund-Direktor Dr. Franz-Georg Rips: "Die dreimonatige Kündigungsfrist für Mieter war eines der Hauptziele der Mietrechtsreform 2001 und entsprach dem erklärten Willen des Gesetzgebers. Mit der geänderten Kündigungsfristregelung sollte den gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung getragen und Mietern mehr Mobilität und Flexibilität bei der Beendigung des Mietverhältnisses und bei notwendigen Umzügen eingeräumt werden. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes belegt, dass die Gesetzesformulierung völlig missglückt war. Deshalb muss der Gesetzgeber jetzt kurzfristig korrigieren und das Gesetz so formulieren, dass klar und unmissverständlich zum Ausdruck kommt, was tatsächlich gewollt ist: 3 Monate Kündigungsfrist für alle Mieter, gleichgültig, wann sie den Mietvertrag abgeschlossen haben."

Nachmieter – BGH VIII ZR 244/02

Ein Nachmieter darf nicht allein deshalb abgelehnt werden, weil er mit Kind in die Wohnung einziehen will.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichte können Mieter ausnahmsweise die vorzeitige Entlassung aus dem Mietverhältnis verlangen, wenn sie das Recht haben, einen Nachmieter zu stellen, und wenn sie einen geeigneten und zumutbaren Nachmieter präsentieren.

Einem Vermieter, der Vater und Kind als Nachmieter mit der Begründung ablehnte, die beiden seien nicht zumutbar, eine Mieterin im Haus habe sich schon früher über Kinderlärm beschwert und mit Auszug gedroht, erteilte der Bundesgerichtshof eine eindeutige Abfuhr: Vater und Kind sind geeignete und zumutbare Nachmieter. Persönliche Antipathien und objektiv nicht begründete, negative Einstellungen bleiben bei der Nachmieterauswahl unberücksichtigt. Das gelte auch für Vermieterbefürchtungen, eine Mieterin im Haus könne sich über Kinderlärm beschweren. Natürlich sei der Abschluss eines Mietvertrages mit einem Mieter, der mit einem Kind in die Wohnungen einziehen will, nicht unzumutbar.

Mieterbund-Direktor Dr. Franz-Georg Rips: "Gut, dass die Karlsruher Richter die diskriminierende Meinung des Vermieters klipp und klar zurückgewiesen haben. Es darf keine Diskussion über die Frage geben, ob das Vermieten an Alleinerziehende oder Ehepaare mit Kindern zumutbar oder nicht zumutbar ist."

Mietminderung – BGH VIII ZR 274/02

Traten während der Mietzeit Wohnungsmängel auf und hatte der Mieter erst einmal 6 Monate anstandslos die volle Miete gezahlt, sollte er nach Meinung der meisten Gerichte die Miete nicht mehr mindern dürfen.

Mit dieser Rechtsprechung machte der Bundesgerichtshof jetzt Schluss und entschied, dass seit Inkrafttreten der Mietrechtsreform der Mieter sein Recht zur Mietminderung nicht automatisch 6 Monate nach Auftreten des Mangels verliert. Selbst dann nicht, wenn er die ganze Zeit anstandslos die Miete weiter zahlt. Auch wenn der Mieter seinen Vermieter erst nach mehr als 6 Monaten über den Wohnungsmangel informiert, kann er von diesem Zeitpunkt an die Miete noch kürzen. Hat der Mieter den Mangel sofort angezeigt, dann aber monatelang weiter die volle Miete gezahlt, in der Hoffnung, der Mangel werde abgestellt, riskiert er ebenfalls sein Mietminderungsrecht nicht. Er kann auch noch nach 6 Monaten die Miete kürzen.

Mieterbund-Direktor Dr. Franz-Georg Rips: "Wir begrüßen die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ausdrücklich. Die Änderung war mit der Mietrechtsreform 2001 gewollt. Hierdurch sollte Rechtsfrieden geschaffen werden. Vor allem sollte die Eskalation von Mietstreitigkeiten verhindert werden. Nach der alten Rechtsprechung verlor ausgerechnet der Mieter seine Rechte am schnellsten, der es zunächst einmal im Guten versuchte, der auf die Mängelbeseitigung durch den Vermieter vertraute und der nicht sofort die Miete kürzte."

Eigenbedarf – BGH VIII ZR 311/01 und 276/02

Kündigt der Vermieter wegen Eigenbedarfs, muss er seinem Mieter ihm gehörende, eventuell leer stehende Wohnungen als Alternative anbieten. Tut er das nicht, ist seine Eigenbedarfskündigung wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam. Wenn schon eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen und so ganz entscheidend in die Lebensumstände des Mieters eingegriffen wird, dann muss der Vermieter seinen Anspruch so schonend wie möglich ausüben. Deshalb muss er eine ihm zur Verfügung stehende, leere Wohnung dem gekündigten Mieter als Alternative anbieten.

Der Bundesgerichtshof schränkt diese Anbietpflicht allerdings in zwei Punkten ein. Die Pflicht besteht nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist und nur, wenn sich die leer stehende Wohnung im selben Haus oder in der selben Wohnanlage befindet.

Mieterbund-Direktor Dr. Franz-Georg Rips: "Gut ist, dass der Bundesgerichtshof noch einmal die Anbietpflicht für den Vermieter ausdrücklich bestätigt. Im Übrigen sind die Einschränkungen alles andere als mieterfreundlich oder zwingend. Bisher galt: Die Anbietpflicht betrifft alle Wohnungen des Vermieters, nicht nur die im gleichen Haus, und die Anbietpflicht besteht auch noch im Räumungsprozess selbst.

Unabhängig hiervon muss meiner Meinung nach aber immer zunächst einmal geprüft werden, warum der Vermieter überhaupt kündigt, warum er nicht die ihm gehörende, leer stehende Wohnung für den geltend gemachten Eigenbedarf selbst nutzt."

Schönheitsreparaturen – BGH VIII ZR 335 /02 und 308/02

Ist im Mietvertrag vereinbart, dass der Mieter bei seinem Auszug die Wohnung immer renovieren muss, ist das unwirksam. Die Unwirksamkeit erfasst auch eine eventuelle zweite Absprache im Mietvertrag, die die laufenden Renovierungsarbeiten betrifft.

In vielen Mietverträgen sind Fragen zum Thema Schönheitsreparaturen mehrfach geregelt. Zum einen ist bestimmt, dass beim Auszug zu renovieren ist, zum anderen sollen laufende Schönheitsreparaturen während der Mietzeit durchgeführt werden, zum Beispiel in Küche und Bad alle 3 Jahre und in den Wohn- und Schlafräumen alle 5 Jahre.

Ist der Mieter laut Mietvertrag verpflichtet, die Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses unabhängig vom Zeitpunkt der letzten Schönheitsreparaturen zu renovieren, benachteiligt dies den Mieter unangemessen, die Klausel ist unwirksam. In diesem Fall, so der Bundesgerichtshof jetzt, kann sich der Vermieter auch nicht auf die zweite Klausel im Mietvertrag stützen, die die Frage der laufenden Schönheitsreparaturen regelt. Das Karlsruher Gericht sieht beide Vereinbarungen im Vertrag als Gesamtregelung an. Dabei spielt es keine Rolle, ob die einzelnen Regelungen in einem Vertrags-Paragrafen enthalten sind, ob sie an verschiedenen Stellen im Mietvertrag abgedruckt sind oder ob ein Teil der Renovierungsregelung als "Anlage" bezeichnet wird.

Mieterbund-Direktor Dr. Franz-Georg Rips: "Die Möglichkeit, mit Hilfe von vorgedruckten Formularklauseln das Mietrecht ‚auf den Kopf‘ zu stellen, muss Grenzen haben. Diese Grenzen hat der Bundesgerichtshof in den zu entscheidenden Fällen und bei den dort zu beurteilenden Vertragsklauseln gut und richtig beschrieben. Trotz alledem bleibt der Gesetzgeber aufgerufen, eine vernünftige Schönheitsreparaturregelung in das Gesetz aufzunehmen."

Mietkaution – BGH VIII ZR 344/02

Mieter dürfen die vertraglich vereinbarte Mietkaution in drei Raten zahlen. Die erste Rate wird zu Beginn des Mietverhältnisses fällig, abweichende Vereinbarungen sind unwirksam. Dieser Grundsatz gilt sowohl für die so genannte Barkaution, bei der der Kautionsbetrag in Höhe von drei Monatsmieten direkt auf ein Vermieterkonto gezahlt oder überwiesen wird. Er gilt aber auch zum Beispiel bei der Kautionsform "verpfändetes Sparbuch", bei der der Kautionsbetrag auf ein Mietersparbuch eingezahlt und dieses dann an den Vermieter verpfändet und übergeben wird.

Wird im Mietvertrag vereinbart, dass die Mietkaution schon Monate vorher oder insgesamt beim Einzug zu zahlen ist, ist das unwirksam. Die Unwirksamkeit erfasst aber nicht die Kautionsvereinbarung insgesamt, sondern nur den Punkt "Gesamtzahlung" bzw. den Zeitpunkt der Überweisung bzw. Sparbuchübergabe an den Vermieter.

Mieterbund-Direktor Dr. Franz-Georg Rips: "Die Entscheidung ist in Ordnung. Wichtig ist, dass der Mieter nicht verpflichtet ist, die volle Mietsicherheit vorab zu bezahlen. Der Vermieter kann die Zahlung der Kaution nicht ‚auf einen Schlag‘ und nicht vor Einzug in die Wohnung erzwingen."

Mieterhöhung – BGH VIII ZR 141/02

Stützt der Vermieter eine Mieterhöhung auf Vergleichswohnungen, dann muss er diese Wohnungen im Mieterhöhungsschreiben so genau bezeichnen, dass der Mieter sie ohne nennenswerte Schwierigkeiten auffinden kann. Bleibt für den Mieter offen, welche von zwei Wohnungen in einem Stockwerk als Vergleichswohnung gemeint ist, ist das Mieterhöhungsverlangen unwirksam. In derartigen Fällen muss der Vermieter zur Identifizierung der Wohnung die genaue Lage der Wohnung im Geschoss beschreiben oder die Bezeichnung einer nach außen erkennbaren Wohnungsnummer mitteilen oder den Namen des Mieters. Fehlen solche Angaben, ist der Mieter nicht gezwungen, "auf eigene Faust" Nachforschungen anzustellen und die in Betracht kommenden Mieter nach Miethöhe, Wohnungsgröße und Ausstattung zu befragen.

Mieterbund-Direktor Dr. Franz-Georg Rips: "Richtig, der Mieter muss die Möglichkeit haben, das Erhöhungsverlangen des Vermieters zu überprüfen. Dazu gehört auch, dass er die Vergleichbarkeit der Wohnungen nachprüft. Dazu muss er die Wohnungen ohne nennenswerte Schwierigkeit finden und identifizieren können."

Betriebskosten – BGH VIII ZR 333/02

Steht das Mietshaus unter Zwangsverwaltung, muss der Zwangsverwalter Betriebskostenabrechnungen auch für die Vergangenheit, also auch für die Zeit vor dem Beginn der Zwangsverwaltung, erstellen und eventuelle Guthaben an die Mieter auszahlen. Das gilt auch für jahrelang zurückliegende Abrechnungszeiträume. Ob der Zwangsverwalter für diese Zeiträume Nebenkostenvorauszahlungen ganz oder nur teilweise oder überhaupt nicht erhalten hat, spielt keine Rolle.

Mieterbund-Direktor Dr. Franz-Georg Rips: "Die Entscheidung schafft Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für die betroffenen Mieter."

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