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Nachtarbeit und Ausgleichsleistungen des Arbeitgebers
Der Kläger ist seit 1995 bei der Beklagten, einem Unternehmen der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie, als Maschinenbediener beschäftigt. Der Kläger arbeitet ausschließlich nachts. Der Stundenlohn ist mit 18,40 DM vereinbart. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist kein Tarifvertrag anzuwenden. Eine arbeitsvertragliche Regelung, wie die mit der Nachtarbeit verbundenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausgeglichen werden, besteht nicht.
Der Kläger hat mit der im Herbst 1999 erhobenen Klage geltend gemacht, die Beklagte schulde ihm für die seit 1997 geleisteten Nachtarbeitsstunden den gesetzlichen Nachtarbeitszuschlag. Angemessen sei der im Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie vereinbarte Zuschlag von 50 %. Die Beklagte sei nicht berechtigt, ihn ersatzweise bezahlt von der Arbeit freizustellen. Der Kläger hat seine Forderung mit rd. 42.000 DM beziffert und - hilfsweise - nach Wahl der Beklagten Entgelt oder bezahlte Freistellung für 51 Arbeitstage begehrt. Das Landesarbeitsgericht hat dem Hilfsantrag des Klägers stattgegeben.
Die Revision des Klägers hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Nach § 6 Abs. 5 ArbZG hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer dann, wenn keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Dem Arbeitgeber ist danach das Recht eingeräumt, zwischen den im Gesetz alternativ genannten Leistungen zu wählen. Dieses Wahlrecht ist regelmäßig nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil zwischen der vom Arbeitnehmer erbrachten Nachtarbeit und seiner Freistellung ein Zeitraum von mehreren Jahren liegt.
Die Revision der Beklagten hatte teilweise Erfolg. Der Nachtzuschlag von 50 % übersteigt das geschuldete Maß. Wann ein Nachtzuschlag "angemessen" ist, wird im Gesetz nicht näher bestimmt. Zu berücksichtigen ist ua. die allgemeine Anschauung im Berufsleben. Auf die Höhe des in einem einschlägigen, auf das Arbeitsverhältnis aber nicht anwendbaren Tarifvertrag vorgesehenen Nachtzuschlags ist nicht ohne weiteres zurückgreifen. Sie dient lediglich als Orientierungshilfe. Der Senat hat hier einen Zuschlag von 30 % als angemessen angesehen.
BAG, Urteil vom 5. September 2002 - 9 AZR 202/01 - Vorinstanz: LAG Hamm, Urteil vom 29. Januar 2001 - 19 Sa 257/00 -