Singen und Musizieren stört nicht stärker als Fernsehen und Radio
Eine Regelung in einer Hausordnung, die das Singen und Musizieren außerhalb von Ruhezeiten nur in "nicht belästigender Weise und Lautstärke" gestattet, ist unwirksam. Dies ist schon deshalb der Fall, weil die Formulierung "zu schwammig" ist.
Unwirksam ist darüber hinaus auch eine Regelung, die das Singen und Musizieren ohne sachlichen Grund stärker einschränkt als die Tonübertragung durch Fernseh-, Rundfunkgeräte oder Kassetten- bzw. Plattenspieler. Das hat jetzt der Bundesgerichtshof entschieden (BGH, V ZB 11/9
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In Eigentums-Wohnanlagen und Mietshäusern kommt es immer wieder zum Streit unter Nachbarn, weil einer dem anderen buchstäblich die Ruhe raubt.
Grundsätzlich gilt: Jeder hat ein Recht darauf, in seiner Wohnung ungestört zu leben. Auch kann nicht gleich jedes Geräusch verboten werden. Hinzu kommt, daß Lärm und Lärm zweierlei sind.
Das Paradebeispiel dafür ist die Lautstärke, mit der bisweilen musiziert, gesungen oder Musik gehört wird. Was für den einen ein pures Hörvergnügen darstellt, ist für den anderen der "blanke Horror".
Als grobe Faustregel gilt: Lärm- und Geräuschbelästigungen, die das Wohlbefinden oder sogar die Gesundheit erheblich beeinträchtigen, muß niemand erdulden. Ortsübliche und unvermeidliche Lärm- und Geräuschbelästigungen müssen aber hingenommen werden.
Der BGH verlangt, daß die Regelung über die Ruhezeit aus sich heraus verständlich ist. Die Formulierung, wonach das Singen und Musizieren nur in "nicht belästigender Weise und Lautstärke" gestattet sei, ist zu allgemein gehalten.
Darauf weist der BGH zusätzlich hin: Beschränkt sich eine Hausordnung nicht darauf, bestimmte Ruhezeiten festzusetzen, sondern will sie darüber hinaus die Lautstärke und Intensität der Musik auch außerhalb der Ruhezeiten reglementieren, so darf sie nur schwerwiegende Störungen erfassen. Denkbare Beispiele sind Schlagzeugübungen oder Proben einer Band in den Räumen eines Wohnungseigentümers.
Es macht keinen Unterschied, ob Mitbewohner in der Ruhezeit durch die Ausübung oder das Anhören von vokaler oder instrumentaler Musik beziehungsweise durch lautstarke Wortsendungen gestört werden