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Vergleichende Werbung
Bis 1998 war vergleichende Werbung nach deutschem Wettbewerbsrecht ausnahmslos verboten. Die höchstrichterliche Rechtsprechung musste jedoch der EU-Richtlinie 97/55/EG Rechnung tragen und die strengen Wettbewerbsregeln lockern. Der BGH reagierte erstmals mit seinen Entscheidungen vom 05.03.1998 (I ZR 211/95 und 2/96) auf die Brüsseler Vorgaben. Zahlreiche Entscheidungen folgten. Im September 2000 wurde in § 2 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb eine Definition der vergleichenden Werbung aufgenommen:
Absatz 1 regelt: „Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht.“
Absatz 2 der Vorschrift zeigt die Grenzen der vergleichenden Werbung auf: „ Vergleichende Werbung verstößt gegen die guten Sitten im Sinne von § 1, wenn der Vergleich
1. sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht;
2. nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist;
3. im geschäftlichen Verkehr zu Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt;
4. die Wertschätzung des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt;
5. die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft oder
6. eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt.“
Bei der Nachprüfbarkeit von Eigenschaften (Nr. 2) ist zu beachten, dass rein geschmackliche Ein- und Wertschätzungen keine Eigenschaft darstellen (OLG München - 29 U 2044/99 -„Burger King“).
Hinzuweisen ist noch darauf, dass sich vergleichende Werbung auf Teilbereiche des Angebots des Werbenden beschränken kann (z. B. Tarifvergleich eines Telefondienstanbieters bei Ferngesprächen). Die Beschränkung der vergleichenden Werbung auf einen Teilbereich ist jedoch nur dann nicht irreführend, wenn in der Werbung deutlich gemacht wird, dass sich der Vergleich auf diesen Bereich beschränkt und keine verallgemeinernde Aussage über das Angebot (z. B. Tarifsystem) insgesamt enthält (OLG Hamburg - 3 W 72/99).
Insbesondere bei Preisvergleichen ist danach besondere Vorsicht geboten. § 2 Absatz 3 UWG enthält hierzu eine besondere Regelung. Vor allem ist darauf zu achten, dass der Preisvergleich in dem Moment unrichtig wird, in dem der Konkurrent gleichzieht oder den Vergleichspreis gar unterbietet.
Da es bei Wettbewerbsverstößen in der Regel auf ein Verschulden des Werbenden nicht ankommt, trägt dieser das Risiko einer falschen Preisrecherche, wie auch das Urteil des OLG Hamburg „Unzutreffender Preisvergleich“ in dieser Ausgabe zeigt. Unzutreffende Preisangaben stellen eine irreführende Werbung dar, die eine Abmahnung sowie eine Unterlassungs- und Schadensersatzklage des betroffenen Mitbewerbers nach sich ziehen können.
Auch nach der Lockerung des Rechts der vergleichenden Werbung ist nicht „alles erlaubt, was gefällt“. Besonders zu beachten sind danach das Diskriminierungsverbot, der Markenschutz und das Irreführungsverbot. All diese Grundsätze gelten übrigens uneingeschränkt auch für das Internet.