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Zweifelhafte Vorerbeneinsetzung
Eine Bäuerin lebte nach dem Tod ihres Ehemanns jahrelang in eheähnlicher Lebensgemeinschaft mit einem neuen Partner, mit dem sie auch ihren Hof betrieb. Nach ihrem Tod wurde ein privatschriftliches Testament aufgefunden, in dem es wörtlich hieß: „Mein letzter Wille ist, dass H. H. W. (gemeint war der Lebensgefährte) nach meinem Tod als Erbe eingesetzt wird, solange er lebt.“ Die Angehörigen der Verstorbenen meinten, auf Grund der gewählten Formulierung „solange er lebt“ habe sie gewollt, dass ihr Lebensgefährte lediglich Vorerbe werden sollte; Nacherben seien dann die gesetzlichen Erben der Erblasserin. Der Lebensgefährte vertrat demgegenüber die Auffassung, er sei Alleinerbe des Hofes geworden.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf gab ihm in dritter Instanz schließlich Recht. Allein aus der Formulierung „solange er lebt“ ist nicht zu schließen, dass lediglich eine Vorerbeneinsetzung des Lebensgefährten gewollt war. Vielmehr wollte die Erblasserin mit der unglücklich formulierten Erbeinsetzung die wirtschaftliche Absicherung ihres Lebensgefährten erreichen.
Hinweis: Das Ergebnis hat ganz erhebliche Auswirkungen, wenn der als Alleinerbe eingesetzte Lebensgefährte der Erblasserin verstirbt. Bei einer Einsetzung lediglich als Vorerbe wären in der Tat die Geschwister der Erblasserin Nacherben geworden. So jedoch werden nach dem Tod des Mannes seine eigenen Verwandten Erben.
Beschluss des OLG Düsseldorf vom 10.09.2001
3 Wx 223/01
MDR 2002, 457