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Unterrichtungansprüche des Betriebsrats im Arbeitskampf
Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Druckindustrie. Im Mai 2000 kam es in ihrem Betrieb zu Streikmaßnahmen. Um den damit verbundenen Produktionsausfall möglichst gering zu halten, ordnete die Arbeitgeberin für nichtstreikende Arbeitnehmer Überstunden, Schichtverschiebungen und kurzfristige Versetzungen an. Der Betriebsrat hat beantragt festzustellen, daß die Arbeitgeberin verpflichtet ist, ihm während des Zeitraums von Arbeitskampfmaßnahmen im voraus unter Namensnennung mitzuteilen, welche Überstunden, Schichtverschiebungen, kurzfristige Versetzungen, Einstellungen und Beschäftigung von Mitarbeitern anderer Firmen sie beabsichtige. Die Arbeitgeberin hat in der Pflicht zu einer solchen Unterrichtung eine Beeinträchtigung ihrer Arbeitskampffreiheit gesehen. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihm stattgegeben.
Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hatte vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben zwar Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zurückzutreten, wenn sie geeignet sind, die Arbeitskampffreiheit des Arbeitgebers einzuschränken. Deshalb bedürfen arbeitskampfbedingte Einstellungen und Versetzungen ebensowenig der Zustimmung des Betriebsrats wie arbeitskampfbedingte Veränderungen der Arbeitszeit. Die gesetzlichen Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers sind jedoch regelmäßig nicht geeignet, Abwehrmaßnahmen der hier in Rede stehenden Art nennenswert zu beeinträchtigen. Die Arbeitskampffreiheit des Arbeitgebers gebietet dann keine Einschränkung der gesetzlichen Informationsansprüche des Betriebsrats. Im übrigen bedarf der Betriebsrat der entsprechenden Informationen, um etwa die Einhaltung der auch während des Arbeitskampfs geltenden gesetzlichen Arbeitszeitregelungen zu überwachen und zu erkennen, ob eine bestimmte Maßnahme des Arbeitgebers tatsächlich arbeitskampfbedingt ist oder der Mitbestimmung unterliegt.
BAG Beschluß vom 10. Dezember 2002 - 1 ABR 7/02 - Vorinstanz: LAG Niedersachsen Beschluß vom 21. November 2001 - 15 TaBV 104/00 -