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Vorlage an EuGH: Umsatzsteuerliche Behandlung der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bareinlage Druckansicht
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem Beschluss vom 27. September 2001 V R 32/00 Zweifel geäußert, ob eine Personengesellschaft bei der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Zahlung einer Bareinlage an diesen eine Leistung gegen Entgelt erbringt und ob dieser Umsatz (die steuerfreie Ausgabe eines Gesellschaftsanteils) den Vorsteuerabzug für damit im Zusammenhang stehende Leistungsbezüge ganz oder teilweise ausschließt. Es geht also um die in Deutschland nie eindeutig geklärte Frage, ob die Aufnahme von Eigenkapital durch Gesellschaften mit nicht abziehbarer Vorsteuer belastet wird.Da die Umsatzsteuer in Europa entsprechend den Vorgaben der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie (77/388/EWG) harmonisiert ist, hat der BFH mit dieser Problematik den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg (EuGH) befasst. Wörtlich hat er gefragt:1. Erbringt eine Personengesellschaft bei der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Zahlung einer Bareinlage an diesen eine Leistung gegen Entgelt i.S. des Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG?2. Liegt in diesem Fall ein Hilfsumsatz gemäß Art. 19 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG vor? Kann sich der Steuerpflichtige darauf berufen, dass derartige Hilfsumsätze den Vorsteuerabzug nicht ausschließen?Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit, in dem eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts für Beratungsleistungen eines Rechtsanwaltes den Vorsteuerabzug begehrt. Die Gesellschaft sollte steuerpflichtige Umsätze erzielen. Sie war von Gründungsgesellschaftern ursprünglich als geschlossener Immobilienfonds konzipiert worden. Tatsächlich beteiligte sich aber nicht eine Vielzahl von Kapitalanlegern an dem Projekt, sondern nur ein einziger Kapitalgeber mit einer Bareinlage von mehreren Mio. DM. Die Leistungen des Rechtsanwalts betrafen das Fondskonzept sowie die Gesellschaftsgründung.Der BFH ging auf die Besonderheiten des Falls, auf die das Finanzamt und das Finanzgericht abgestellt hatten, nicht weiter ein, sondern warf ganz allgemein die Frage auf, ob eine Gesellschaft bei ihrer Gründung oder der Aufnahme eines neuen Gesellschafters gegen eine Bar- oder Sacheinlage an die einzelnen Gesellschafter einen Umsatz gegen Entgelt (Ausgabe von Gesellschaftsanteilen gegen Bar- oder Sacheinlage) erbringt. Er neigt dazu, diese Frage entsprechend der herkömmlichen Rechtsansicht zu bejahen. Da aber gewichtige Stimmen im Schrifttum --wenn auch mit unterschiedlichen Begründungen-- einen Leistungsaustausch verneinen, hat der BFH die Streitfrage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.Bejaht der EuGH, dass die Gesellschaft mit der Ausgabe eines Gesellschaftsanteils an den Gesellschafter eine Leistung gegen Entgelt erbringt, so hätte dies zur Folge, dass die Ausgabe des Gesellschaftsanteils nach § 4 Nr. 8 UStG, Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei wäre. Die weitere Folge im deutschen Recht wäre, dass insoweit der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 und 4 UStG ausgeschlossen wäre.Anders ist es nach Auffassung des BFH im Gemeinschaftsrecht. Dieses stellt den Mitgliedstaaten mehrere Methoden frei, nach denen sie bei Unternehmern mit steuerpflichtigen Umsätzen (für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht) den abziehbaren Teil der Vorsteuer bestimmen können. Die Grundregel sieht einen Pro-rata-Satz vor, der sich aus den steuerpflichtigen und steuerfreien Umsätzen berechnet, bei dem aber sog. Hilfsumsätze außer Ansatz bleiben. In der Ausgabe der Gesellschaftsanteile sieht der BFH einen derartigen Hilfsumsatz, der den Vorsteuerabzug nicht einschränkt. Er neigt zu der Auffassung, dass es sich dabei um eine allgemein gültige Regelung des Gemeinschaftsrechts handelt, auf die sich der Steuerpflichtige auch dann berufen kann, wenn das Umsatzsteuerrecht seines Mitgliedstaats --wie das deutsche UStG-- keine entsprechende Vorschrift kennt. Nur dies entspreche einem gemeinsamen Markt mit einem freien Kapitalverkehr.